Alkohol in der Stillzeit

Heute sprechen wir über den Alkoholkonsum in der Stillzeit.

Ich muss ganz klar betonen, dass sowohl der Alkoholkonsum als auch das Rauchen in der Stillzeit vermieden werden sollten. Ich nenne euch auch die genauen Gründe dafür.

Fangen wir mit Alkohol an.

Die Auswirkungen von Alkohol während der Stillzeit sind nicht sehr umfassend untersucht worden und es gibt nur wenig Literatur über den Einfluss von Alkoholkonsums während der Stillzeit auf das Baby.

Was ich gefunden habe, ist ein MiniReview über 41 Veröffentlichungen zu dem Thema. Es wurde belegt, dass:

  1. etwa die Hälfte aller stillenden Frauen in westlichen Ländern ab und zu Alkoho während des Stillens konsumiert.
  2. der Alkoholkonsum den Milchausstoßreflex hemmt, was zu einem vorübergehenden Rückgang der Milchmenge führt.
  3. die Alkoholkonzentrationen in der der Muttermilch der im mütterlichen Blut ähneln.
  4. die Alkoholmenge, die der Säugling über die Muttermilch aufnimmt, etwa 5-6 % der mütterlichen Dosis beträgt, und selbst in einem theoretischen Fall von Rauschtrinken würden die Kinder nicht mit klinisch relevanten Alkoholmengen in Berührung kommen.
  5. Neugeborene Alkohol etwa halb so schnell wie Erwachsene verstoffwechseln. Die ADH-Aktivität ist bei Neugeborenen und Säuglingen vermindert, da das bei Erwachsenen normale Aktivitätsniveau des Enzyms erst im Kleinkindalter erreicht wird

Es wurde über winzige Verhaltensänderungen bei Säuglingen berichtet, die alkoholhaltiger Milch ausgesetzt waren, aber die Literatur ist widersprüchlich. Etwaige langfristige Folgen für die Kinder alkoholabhängiger Mütter sind noch nicht bekannt, aber es wurde nicht überzeugend nachgewiesen, dass sich gelegentlicher Alkoholkonsum während der Stillzeit nachteilig auf den Säugling auswirkt. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass spezielle Empfehlungen für stillende Frauen nicht gerechtfertigt sind. Stattdessen sollten stillende Frauen einfach die Standardempfehlungen zum Alkoholkonsum befolgen.

Die Verweilzeit im Magen wird beeinflusst von der Magenfüllung, vom Rauchverhalten, vom Sympathikotonus oder der Einnahme bestimmter Medikamente wie Domperidon oder Erythromycin (Norberg et al. 2003; Gilg 2005; Rommelspacher 2011). Nach Johnson et al. (1991) haben Raucher eine, vermutlich durch die verlangsamte Magenpassage bedingte, verzögerte Alkoholresorption. Resorbierter, mit dem Blut transportierter Alkohol, wird zu 96 % im Körperwasser und zu 4 % im Fettgewebe verteilt.

Ethanol diffundiert in der Brustdrüse pH-unabhängig vom mütterlichen Blut in die Muttermilch. Es sind etwa die Alkoholkonzentrationen in der Milch zu erwarten, die im mütterlichen Plasma gemessen werden.

Nach Kesäniemi (1974) ist Acetaldehyd (also dem Abbauprodukt des Alkohols, der am meisten Schaden verursacht) nach mütterlichem Konsum von Alkohol und trotz nachweisbarer Acetaldehydkonzentrationen im mütterlichen Blut nicht in Muttermilch nachweisbar. Untersuchungen zu Acetaldehyd im kindlichen Blut fehlen.

Die Bewertung des Risikos der Alkoholaufnahme der Mutter für das gestillte Kind hängt von der internen Dosis des Kindes, d.h. der Alkoholkonzentration im Blut des Kindes, ab. Diese Dosis kann aus ethischen Gründen experimentell nicht ermittelt werden.

In Tierexperimenten wurden Einflüsse des Alkohols auf die Milchzusammensetzung festgestellt, wie z.B. eine Erhöhung des Proteingehaltes, Veränderungen in der Fettsäurezusammensetzung und in den Gehalten an Mikronährstoffen wie Chlorid und Retinol (Vitamin A) (Albuquerque et al. 1998; Heil et al. 1999; Azara et al. 2008). Ob der Alkoholkonsum auch die Nährstoffzusammensetzung von humaner Frauenmilch verändert, wurde bisher nicht untersucht. Bekannt ist nur, dass sich der Gesamtmilchfettgehalt bei stillenden Müttern nach Alkoholkonsum nicht ändert (Mennella & Pepino 2008).

Regelmäßiger Konsum alkoholischer Getränke wie Bier war in der Stillzeit ehemals üblich, da dem Alkohol milchbildungsfördernde Eigenschaften nachgesagt wurden (Backstrand et al. 2004; Koletzko & Lehner 2000; Mennella & Beauchamp 1993; Giglia & Binns 2007b). Teilweise wurden alkoholische Getränke zur Entspannung verordnet, um das Auslösen des Milchspendereflexes zu erleichtern (Davidson et al. 1981).

Heute ist man sich aus wissenschaftlicher Sicht einig, dass Alkohol nicht zu einer Erhöhung der Milchmenge führt. Wie Mennella & Beauchamp (1993) und Mennella (1998, 2001) in Studien mit stillenden Frauen beobachteten, ist bei moderater Alkoholaufnahme (Dosis: 0,3 g Alkohol pro kg KG entweder als Alkoholzusatz in Orangensaft oder als 4,5 Vol.-%iges Bier innerhalb von 15 Minuten konsumiert) sogar mit einer Verminderung des Milchvolumens um etwa 20 % innerhalb der ersten vier Stunden nach dem Alkoholkonsum zu rechnen. Auch wurde festgestellt, dass Säuglinge im Durchschnitt signifikant weniger Milch tranken, wenn ihre Mutter Alkohol getrunken hatte (Mennella & Beauchamp 1991, 1993). Die Unterschiede in den Trinkmengen wurden von den Müttern beim Stillen nicht wahrgenommen (Mennella & Beauchamp 1993). Nach Mennella & Beauchamp (1993) verändert sich auch der Geruch der Muttermilch sowohl durch alkoholhaltiges als auch – teilweise und in geringerem Ausmaß – durch alkoholfreies Bier (< 0,5 Vol.-% Alkohol). Die stärkste Geruchsintensität trat eine Stunde nach Konsum von Bier mit 4,5 Vol.-% Alkohol bei einer Alkoholkonzentration von 31,5 mg/100 ml Milch auf. Bei Konsum alkoholfreien Biers (< 0,5 Vol.-% Alkohol) konnte kein Alkohol in der Muttermilch nachgewiesen werden.

Wie Mennella et al. (2005) und Mennella & Pepino (2008, 2010a, b) zeigten, wird selbst durch einmaligen Alkoholkonsum das hormonelle Wechselspiel von Oxytocin und Prolaktin beeinflusst. So wurden bei ausschließlich stillenden, nicht rauchenden Müttern von 2 bis 4 Monate alten Säuglingen, die in der Schwangerschaft wenig Alkohol getrunken hatten, aber in der Stillzeit regelmäßig tranken (0,2 ± 0,1 bzw. 1,5 ± 0,6 alkoholische Getränke pro Monat), nach Konsum eines alkoholhaltigen Getränks (Dosis: 0,4 g Alkohol pro kg KG als 15 Vol.-% alkoholhaltiger Orangensaft innerhalb von jeweils 5 Minuten konsumiert) und Stimulation der laktierenden Brust durch Abpumpen von Milch eine signifikante Verringerung der Oxytocinspiegel und Erhöhung der Prolaktinspiegel im Plasma gemessen (Mennella et al. 2005). Die Wirkungen des Alkoholkonsums auf den Prolaktinspiegel sind jedoch nicht einheitlich: So ist der Prolaktinanstieg vom Zeitpunkt des Abpumpens abhängig. Wurde gepumpt, während der Blutalkoholspiegel anstieg, waren die Prolaktinspiegel in den ersten Minuten nach dem Pumpen gesteigert; waren die maximalen Blutalkoholspiegel erreicht und wurde bei abfallendem Blutalkoholspiegel gepumpt, waren die Prolaktinspiegel geringer. In jedem Fall war drei bis vier Stunden nach Alkoholaufnahme – unabhängig vom Zeitpunkt des Pumpens – der Prolaktinspiegel verringert.

In zwei Untersuchungen wurden nach Alkoholaufnahme über die Muttermilch Veränderungen des Schlafverhaltens der Säuglinge nachgewiesen.

Internationale Empfehlungen zum Alkoholkonsum in der Stillzeit

Es soll nicht mehr als 0,5 g Alkohol pro kg KG pro Tag (≈ 2 Gläser Wein bei einer 60 kg schweren Frau entsprechend 30 g reinem Alkohol) getrunken und bis zu zwei Stunden nach Konsum eines alkoholischen Getränks nicht gestillt werden. American Academy of Pediatrics and the American College of Obstetricians and Gynecologists (2006)

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